Eine Frage von euch: Hat man die Schiffe, die im Bermuda-Dreieck verschwunden sind, gefunden?

Frage: "Hat man die Schiffe, die im Bermuda-Dreieck verschwunden sind, gefunden?"

"Hat man die Schiffe, die im Bermuda-Dreieck verschwunden sind, gefunden?"

Wir haben in Karlsruhe (Tour-Bericht aus Karlsruhe hier) eine charmante Damengruppe getroffen, deren Mitglieder seit Jahren eine Frage umtrieb: Im Bermuda-Dreieck verschwinden Schiffe spurlos! “Wo sind die geblieben?” und “Hat man davon schon welche wieder gefunden?”

Das Bermuda-Dreieck verbindet jeder mit etwas Mysteriösem und irgendwie weiß man schon, das da Flugzeuge und Schiffe verschwunden sind. Auch die Medien greifen das Bermuda-Dreieck immer wieder auf, besonders gerne im Sommerloch. Wir haben uns mal in die Literatur gewühlt und geschaut, was die Wissenschaft dazu zu sagen hat. (Empfehlung: zum Video ganz unten runterscollen, anmachen, wieder hochscrollen, lesen und genießen!)

Was ist überhaupt das Bermuda-Dreieck?

Ein Gebiet im westlichen Atlantik zwischen Miami in Florida, San Juan auf Puerto Rico und den Bermudainseln wird Bermuda-Dreieck genannt. Dort befindet sich auch die Sargasso See, in der es nicht nur verdammt viele Braunalgen namens Sargassum gibt, die ihr ihren Namen verleihen (mehr über Algen gibt es hier). Nein! Es gibt dort auch die Kinderstube der Europäischen und Amerikanischen Aale! Und eben die Mythen um spurlos verschwundene Flugzeuge und Schiffe.

Bermuda-Dreieck
Bermuda-Dreieck

Die Antwort

Die U.S. Küstenwache hat zu den Mythen eine klare Antwort, und erklärt es zu einem “mysthischen” geografischen Gebiet:

“The Coast Guard does not recognize the existence of the so-called Bermuda Triangle as a geographic area of specific hazard to ships or planes. In a review of many aircraft and vessel losses in the area over the years, there has been nothing discovered that would indicate that casualties were the result of anything other than physical causes. No extraordinary factors have ever been identified.”

Auf Deutsch: Die Küstenwache erkennt die Existenz des Bermuda-Dreiecks als geographisches Gebiet mit besonderer Gefährdung von Schiffen und Flugzeugen, nicht an. Und die Überprüfung von verunglückten Flugzeugen und Schiffen hat über die Jahre keine anderen als physikalisch erklärbare Gründe für die Untergänge ergeben. Es konnten keine außergewöhnliche Faktoren festgestellt werden.

Es gehen also Schiffe im Bermuda-Dreieck unter – wie überall sonst auch auf den Weltmeeren.

Werden dort Wracks gefunden?

Die Wracks der Schiffe, die dort untergegangen sind, können bei Tauchgängen angeschaut werden. Vorausgesetzt, sie liegen nah genug an der Oberfläche. Eine Übersicht über die ertauchbaren Schiffe der Bermudas findet ihr (leider nur auf Englisch) auf Bermuda Attractions. Und wer noch etwas gründlicher einsteigen möchte und über die Bermudas hinaus sucht, kann in der Wrecks and Obstructions Database der US Office of Coast Survey stöbern.

Sinken hier mehr Schiffe als anderswo?

Eine Statistik des Schiffsversicherers Lloyd, das aus deren Archiv im Jahre 1975 erstellt wurde, hat laut zahlreicher Quellen ergeben, dass im Bermuda-Dreieck keinesfalls mehr Schiffe sinken als anderswo. Ich persönlich habe diese Statistik nach einiger Recherche noch nicht entdeckt, verlasse mich jetzt aber mal auf das Handelsblatt, das auch schon daraus zitierte. Wer die Original-Statistik gefunden hat: bitte melden! Sie wird dann hier nachgereicht.

Gibt es geheimnisvolle, nicht erklärbare Phänomene, die das Verschwinden von Schiffen erklären?

Ein steht fest: ja, es gibt in dem Gebiet Flugzeuge und Schiffe, die unauffindbar verschwunden sind. Aber es gibt dank der Wissenschaft mittlerweile auch Erklärungen, wie es passieren kann, das vor allem Schiffe spurlos vom Radar verschwinden. Die Legendenbildung fing ab den 1950er Jahren nämlich mit unauffindbaren Flugzeugen an und wurde später um Schiffe erweitert.

Gashydrat mit Struktur
Gashydratblock mit wabenartiger Struktur vom „Hydrate Ridge“ vor Oregon, USA. Das Gashydrat wurde auf einer Forschungsreise mit dem deutschen Forschungsschiff FS SONNE aus etwa 1200 Metern Wassertiefe mit einem Schaufelgreifer aus dem obersten Meter des Sediments geborgen. CC BY-SA 3.0 Wusel007 Link zum Bild

In den letzten Jahren kamen neuere Theorien zu Gashydraten auf, eine kristalline Form aus Wasser und Gas, die durch veränderten Druck oder Temperatur freiwerden. Vor allem vor der Küste Norwegens in der Barentssee haben Forscher große Methankrater gefunden, die während der letzten Eiszeit durch sogenannte Blow-Outs dieser Gashydrate entstanden sind: nämlich als große Mengen von Methan plötzlich durch Klima- und Druckveränderungen an die Oberfläche gelangen konnten. Wenn sehr viele der Gasbläschen gleichzeitig an die Oberfläche strömen, kann man sich das wie einen Schaumteppich vorstellen. Die Dichte des Schaumes ist viel geringer als die des umliegenden Wassers. Wenn die Dichte geringer ist, ist auch der Auftrieb viel geringer, so dass Schiffe ganz plötzlich im Meer versinken könnten. Auch im Bereich des Bermuda-Dreiecks wurden Methanvorkommen gefunden. Das dortige Klima entspricht allerdings nicht den Konditionen und Schwankungen der letzten Eiszeit. Methan entströmt natürlicherweise an vielen Orten dem Meeresboden und es besteht und bestand laut Mitarbeiter des U.S. Geological Survey’s Gas Hydrates Project keine Gefahr für Schiffe im Bereich des Bermuda-Dreiecks. Hier noch ein englischer Link von lifescience.com dazu.

In der Region des Bermuda-Dreiecks kommen auch sogenannte Freak-Waves vor, wie auch im Golf von Alaska oder dem Gebiet südöstlich von Japan. Diese bis zu 40m hohen Wellen entstehen unter besonderen Konditionen, zu denen wohl der Golfstrom, der das Bermuda-Dreieck durchzieht, beiträgt. Die Riesenwellen schaukeln sich vermutlich allmählich durch eine Kombination aus Meeresströmung sowie Sturmwellen aus entgegengesetzter Richtung auf. Auch hier ist die Forschung noch nicht abgeschlossen, wie bei so vielen Meeresthemen.

Hier ein Modellbeispiel aus der Forschung für eine Superwelle. Der Versuchsaufbau ist in diesem englischen Artikel mit einem 10cm Spielzeugboot, das 9m vom Wellenmacher entfernt schwimmt, beschrieben und zeigt gegen Ende des Videos die Wirkung von großen Wellen.

Durch die Strömungsverhältnisse des Golfstroms im Bermuda-Dreieck ist ein Abtreiben und späteres Versanden von Wrackteilen nicht ungewöhnlich. Auch dies kann zum “Verschwinden” der Wracks beitragen. Mehr zur aktuellen Strömung in unseren Meeren gibt es auf der englischen Referenzseite “Ocean Surface Current” hier.

Eins ist aber klar, das Dreieck und die darin befindlichen Inseln, laden nach wie vor zum Fantasieren ein. Und nichts anderes verbirgt sich hinter den Mythen ja auch… 😉 Genau wie das mysthische Kokomo, das die Beach Boys besungen haben, denn das gibt es als Insel auch nicht. Wir enden also mit einem musikalischen Mythos:

 

Erste Tauchtiefe

Zweite Tauchtiefe

Text: CC-BY-SA 4.0, Inga Marie Ramcke für Plötzlich Wissen!

2 Kommentare

  1. Vermutlich ist diese Studie gemeint:
    Roberts, Stephen E.: “Fatal work-related accidents in UK merchant shipping from 1919 to 2005” in: Occupational Medicine, Volume 58, Issue 2, 1 March 2008, Pages 129–137, Published: 21 December 2007

    1. Vielen Dank für die Info! Die Studie von Stephen E. Roberts hat einen etwas anderen Fokus und arbeitet Todesfälle von Seefahrern auf, die u.a. aus dem Archiv von Lloyd stammen, von 1919-2005. Darin wird das Bermuda Dreieck als eines der gefährlichsten Gebiete genannt: “The ships often foundered in locations associated with notoriously adverse sea states, including the North West Pacific, the Bay of Biscay, the Bermuda Triangle and the Irish and North Seas.”(p.131). Die These, das dort mehr oder weniger Schiffe sinken, als in den anderen gefährlichen benannten Gebieten, wird nicht aufgestellt. Insofern stützt das die bisher ungefundene Quelle aus der vielzitierten 1975 Statistik von Lloyd.
      Dieses Paper hier wurde von den Medizinern der Uni Swansea erstellt und 2007 veröffentlicht. Schätzungsweise ist darin also das Datenmaterial der Originalquelle, zu der ich bisher keinen Zugang gefunden habe, verarbeitet. Dieser Studie kann ich auch entnehmen, dass ein Mitarbeiter von Lloyd den Wissenschaftlern den Zugang zu den Daten ermöglicht hat. Wir sind quasi einen Schritt näher dran, dank Dir. Mir ist trotzdem noch schleierhaft, wo das Handelsblatt u.a. ihre zitierte Studie von 1975 her haben. Danke vielmals für Deine Mühe. Und: großartiger Name “Tapirherde”!!

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